Ist Schwefelsäure die Zukunft? – Wir wollen Emissionen senken und Nährstoffeffizienz steigern!
Unter dem Slogan „Emissionen senken, Effizienz steigern!“ ist das Projekt Säure + im Feld in Niedersachsen erfolgreich in die erste Saison gestartet.
Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von 95% Hauptemittent des Luftschadstoffs Ammoniak in Deutschland (Daten des Umwelt Bundesamt, 2022). Die NEC-Richtlinie für Luftreinheit gibt vor, dass die Ammoniak-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 29% im Vergleich zu 2005 reduziert werden müssen. Ziele des am 01.09.2022 gestarteten Modell- und Demonstrationsvorhabens (MuD) Säure+ im Feld sind zum einen die Reduktion der Ammoniakemissionen zum Erreichen der NEC-Vorgabe, aber auch eine verbesserte Nährstoffausnutzung flüssiger Wirtschaftsdünger. Diese ist vor allem in Roten Gebieten interessant, in denen eine um 20% reduzierte Stickstoffdüngung vorgegeben ist.
An dem MuD, welches vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages im Rahmen der Ackerbaustrategie gefördert wird und bei dem die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Projektträger fundiert, sind 8 Bundesländer beteiligt.
Ziel ist es, das Verfahren der Ansäuerung von flüssigen Wirtschaftsdüngern durch ein Netz von teilnehmenden Modellbetrieben in die Praxis zu bringen, sowie Erfahrungen zu Einsatzmöglichkeiten, Aufwandmengen und Düngeplanung zu sammeln. Hintergrund der Technik ist es, das hohe Verlustpotential durch Ammoniakemissionen während der Ausbringung im stehenden Bestand zu minimieren. Das in der Gülle oder dem Gärrest enthaltene Ammonium steht in einem temperatur- und pH-Wert-abhängigen Gleichgewicht mit dem flüchtigen Ammoniak. Dieses Verhältnis kann durch das Ansäuern mit konzentrierter Schwefelsäure und somit dem absenken des pH-Wertes zugunsten des Ammoniums verschoben werden. So werden Emissionen gesenkt und die Nährstoffeffizienz gesteigert.
Wie ist die Ansäuerungs-Technik aufgebaut?
Im Fronttanksystem des Schleppers befindet sich ein doppelwandiger IBC-Container mit der Schwefelsäure, sowie 2 Wassertanks und 1 Tank für Additive. Die Mischeinheit mit Säureinjektion befindet sich hinter dem Dreiwege-Hahn und ein pH-Sensor misst am Schleppschlauch mit der größten Länge kontinuierlich den pH-Wert des flüssigen Wirtschaftsdüngers.
Die Säure kommt zum ersten Mal auf den Modellbetrieben zum Einsatz.
Der Start des Projekts verlief sehr erfolgreich. Nachdem die teilnehmenden Modellbetriebe und Lohnunternehmen in ganz Niedersachsen gefunden waren (Abb. Karte), wurden sehr schnell die On Farm Versuche im randomisierten Blockdesign angelegt. Dabei wird die konventionelle Düngung mit Gülle und Gärresten mit einer angesäuerten Variante verglichen. Als Kontrolle wurde meist eine voll ausgedüngte Variante gewählt. Zusätzlich zu den On Farm Versuchen, sind an vier Standorten Demonstrationsstreifen mit unterschiedlichen Säuremengen im Vergleich angelegt. Ende Februar konnten die ersten zwei Betriebe ihre On Farm versuche im Wintergetreide erfolgreich ansäuern, Ende März folgten die übrigen drei in Weizen.
Um über die Bundesländer möglichst vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, wurden im Vorfeld einige Standards festgelegt. Die Güllen von Rindern und Mastschweinen werden mit maximal 3 Litern Säure pro m3 Gülle angesäuert und Gärreste mit 5 Litern. Wenn ein pH-Wert von 6,4 bereits mit weniger Säure erreicht wird, kann der Landwirt / Lohnunternehmer mit entsprechend weniger Säure ausbringen. Wichtig bei dieser Entscheidung war die große Heterogenität der Güllen und Gärreste und die damit weiten Spannen an benötigter Säure um einen Ziel-pH-Wert von 6,4 zu erreichen. Da mit jedem Liter Säure auch 0,6 kg Sulfatschwefel auf die Fläche ausgebracht werden, muss die eingesetzte Menge Säure reguliert sein, um ein Überdüngen mit Schwefel zu vermeiden.
Die integrierte Schwefeldüngung ist ein weiterer Vorteil der Ansäuerungs-Technik, neben der besseren Stickstoffausnutzung und der reduzierten Ammoniak-Emission. Zusätzlich erhoffen wir uns weitere Vorteile der Ansäuerung auf das Nährstoffmanagement mit unserem Projekt zeigen zu können. Dazu werden alle Versuche pflanzenbaulich in Form von Boden-, Pflanzen- und Düngeproben begleitet. Die Ergebnisse der Proben werden dann in Zusammenhang mit Wetter- und Ertragsdaten ausgewertet. Regelmäßige Ammoniakmessungen an ausgewählten Standorten werden in Verbindung mit Feldtagen von der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Triesdorf vorgenommen.
Über geplante Feldtage werden sie über den Warndienst oder die Seiter der LWK-Niedersachsen informiert. Wir wollen die Feldtage nutzen, um die Technik in der Praxis bekannter zu machen, mögliche Effekte im Feld zeigen zu können und Fragen zu Einsatz, Ökonomie und Sicherheit zu klären.
Marie-Lena Hass und Niklas Brunotte, LWK Niedersachsen